Unfälle ereignen sich plötzlich und können fatale Folgen haben. Alleine die Zahl der Verkehrsunfälle in Deutschland lag im Jahr 2017 bei über 2,64 Millionen. Und längst nicht immer hängt ein Unfall mit der eigenen Fahrlässigkeit zusammen. Denn auch das Verhalten Dritter führt regelmäßig zu Unfallereignissen mit schwerwiegenden Folgen, ohne dass die Unfallbeteiligten sich etwas vorwerfen könnten.
Wegen der großen Bedrohung, die potentielle Unfallereignisse für die Gesundheit und damit auch für den Geldbeutel darstellen, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Absicherung.
In Deutschland gibt es zwei Formen der Unfallversicherung.
Zunächst ist jeder Arbeitnehmer, jedes Kleinkind im Kindergarten und jedes Schulkind in der Schule über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Dieses Versicherungsmodell deckt jedoch nur solche Unfälle ab, die in direktem Zusammenhang mit der beruflichen oder schulischen Tätigkeit stehen. Umfasst sind also Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten, sonstige arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren oder Unfälle, die sich im Kindergarten oder in der Schule ereignen. Der Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Prävention, die Entschädigung und die Rehabilitation der Betroffenen.
Nun ist aber nicht jeder Bürger auch Arbeitnehmer oder Schulkind. Und auch längst nicht alle Unfälle ereignen sich innerhalb des beschriebenen Zusammenhangs. So finden jährlich ungefähr 33 % aller Unfälle in Deutschland im Haushalt statt, ganze 36 % der Unfälle ereignen sich in der Freizeit. Lediglich 12 % aller Unfälle geschehen im Rahmen der Arbeit, 13 % in Zusammenhang mit der Schule. Für die Mehrzahl aller Unfälle bietet die gesetzliche Unfallversicherung demnach keinerlei Absicherung.
Deshalb schließen viele Bürger zusätzlich eine private Unfallversicherung ab. Bei diesem Versicherungsmodell bezahlt der Versicherte monatliche Prämien. Im Gegenzug übernimmt die Versicherung das mit dem Unfall verbundene allgemeine Lebensrisiko. Damit sichert die Unfallversicherung die Invalidität ihres Versicherungsnehmers ab. Und da sind wir beim zentralen Aspekt der Unfallversicherung: Der Invalidität als Kernbezugspunkt der Versicherungsleistung.
Doch was genau bedeutet Invalidität? Invalidität ist definiert als dauerhafte unfallbedingte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit des Versicherten. Immer dann, wenn Invalidität vorliegt, besteht eine Leistungspflicht der Versicherung.
Die Definition der Invalidität findet sich in § 180 des Versicherungsvertragsgesetzes. Sie gilt als eine Art Auslegungsregel. So kann im Versicherungsvertrag eine genauere, abweichende Begriffsbestimmung erfolgen. Ist jedoch nichts explizit vereinbart, gilt die Definition so, wie sie im Gesetz geschrieben ist.
Problematisch erscheint die Frage, ab wann von einer „dauerhaften“ Beeinträchtigung die Rede sein kann. Früher nahm man die Dauerhaftigkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung an, wenn es sich sicher um eine lebenslange Beeinträchtigung handelte, oder wenn dem objektiven Erfahrungsstand nach ärztlich zu erwarten war, dass die Beeinträchtigung lebenslang andauern würde. Im Zuge der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes im Jahre 2008 wurde der Begriff der Dauerhaftigkeit jedoch neu ausgelegt. Seither gilt die Invalidität als dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als 3 Jahre besteht, und eine Änderung des Zustandes nicht erwartet werden kann.
Spätere Verbesserungen oder Verschlechterungen sind unerheblich, sofern sie nach dem Ablauf der 3 Jahre eintreten. Für den Versicherten bedeutet dies, dass bei einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation nach dem Ablauf der 3 Jahre kein Anspruch der Versicherung auf Rückforderung von Prämien besteht. Allerdings kann der Versicherte auch kein Mehr an Leistungen fordern, sollte seine Situation sich nach diesem Zeitraum verschlechtern.
Es gibt wenige Situationen, in denen es auf die 3 Jahres Prognose nicht ankommt. Beispielsweise dann, wenn bereits zu Beginn der Beeinträchtigung sicher prognostizierbar ist, dass es sich um eine dauerhafte Beeinträchtigung handelt.
Differenziert werden muss in Fällen, in denen der Betroffene zunächst in Lebensgefahr schwebt. Eine Lebensgefahr rechtfertigt es nicht alleine, sofort die Dauerhaftigkeit der Beeinträchtigung zu bejahen. Vielmehr muss dann eine Stabilisierung der Lage abgewartet, und anschließen beurteilt werden, ob die Beeinträchtigung den Kriterien der Dauerhaftigkeit genügt. Nur dann, wenn bereits bei Bestehen der Lebensgefahr feststeht, dass dauerhafte Schäden (wie Lähmungen oder der Verlust von Gliedmaßen) bestehen werden, kann auf die 3 Jahres Prognose verzichtet werden.
Grundsätzlich bietet die Unfallversicherung ihrem Versicherten im Versicherungsfall einen finanziellen Ausgleich, für die durch den Unfall verursachten materiellen und immateriellen Einbußen. Dabei richtet sich die Höhe des finanziellen Ausgleichs nach dem Grad der Invalidität.
Maßgebend ist also: wie stark ist der Versicherte dauerhaft in seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt? Bei der Beantwortung dieser Frage knüpft man inzwischen nicht mehr an den Beruf des Versicherten an. Denn auch bei nicht erwerbstätigen Personen soll es möglich sein, den Grad der Invalidität zu bestimmen. Nur auf diese Art und Weise lohnt es sich auch für diesen Personenkreis, eine Unfallversicherung abzuschließen.
Zur Bemessung der Invalidität werden medizinische Sachverständige herangezogen. Deren Aufgabe ist es, Gutachten über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Versicherten, und deren Folgen für dessen Leistungsfähigkeit zu erstellen. Regelmäßig sind dabei mehrere Gutachten aus unterschiedlichen medizinischen Fachrichtungen vonnöten, die dann anhand einer Art fachübergreifenden Gesamtschau zusammen maßgeblich sind.
Damit die Versicherung gegenüber ihrem Kunden zur einer Leistung verpflichtet ist, braucht es nicht zwangsweise einen tatsächlich eingetretenen Schaden beim Versicherten. Vielmehr besteht eine Leistungspflicht der Versicherung immer dann, wenn die vereinbarten Voraussetzungen eingetreten sind, egal ob der Versicherte tatsächlich finanzielle Einbußen erleidet. Insofern spricht man bei dem Modell der privaten Unfallversicherung von einer reinen Summenversicherung.
Einen Vertrag über eine private Unfallversicherung kann man verschieden gestalten. Neben der eigenständigen Unfallversicherung gibt es auch Modelle bei denen der Unfallversicherungsschutz ein Zusatz zu einer privaten Renten- oder Lebensversicherung ist. Auch gibt es die private Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr oder mit garantierter Beitrittsrückzahlung.
Der Versicherungsschutz der Unfallversicherung beginnt mit dem im Vertrag vereinbarten Zeitpunkt. In der Regel ist das dann, wenn der Versicherte die erste Prämie unverzüglich nach deren Fälligkeit bezahlt hat. Fällig ist die erste Prämie meist zwei Wochen, nachdem der Versicherte den Versicherungsschein erhalten hat. Individuell kann jedoch anderes gelten. Ein Blick in die eigenen Vertragsunterlagen empfiehlt sich daher.
Der Versicherungsvertrag läuft dann für die vereinbarte Dauer. Ist der Schutz für mindestens ein Jahr lang vereinbart, verlängert sich die Laufzeit nach dem Ablauf des ersten Jahres dann jeweils automatisch um ein weiteres Jahr, insofern der Versicherte nicht rechtzeitig kündigt. Ist eine Vertragslaufzeit unter einem Jahr vereinbart, endet der Versicherungsschutz mit dem Ablauf der vereinbarten Zeitspanne von selbst.
Eine Kündigung der Unfallversicherung muss in den aller meisten Fällen spätestens 3 Monate vor Jahresablauf bei der Versicherung eingehen. Auch nachdem die Versicherung Leistungen gegenüber dem Versicherten erbracht hat, kann eine Kündigung als sogenannte „Schadensfallkündigung“ möglich sein.
Die Versicherung hat bestimmte Beratungs- und Dokumentationspflichten einzuhalten. Vor Vertragsschluss muss der Versicherungsvertreter den Versicherten in einem angemessenen Umfang beraten. Dabei richtet sich der angemessene Umfang der Beratung vor allem auch nach der Höhe der monatlichen Prämie. Zudem besteht eine vorvertragliche Informationspflicht der Versicherung. Dem Kunden müssen vor Vertragsschluss alle „erforderlichen Vertragsbestimmungen“ vorliegen (§ 7 Versicherungsvertragsgesetz).
Auch nach Vertragsschluss ist die Versicherung zur Beratung des Versicherten verpflichtet, insofern ein Anlass besteht. Über die Beratung muss die Versicherung schriftlich und verständlich Dokumentation führen. Verletzt die Versicherung eine dieser Pflichten, so hat sie ihrem Kunden die daraus entstandenen Schäden zu ersetzen, insofern sie die Pflichtverletzung zu vertreten hat.