„Psychische Reaktion“ auf einen Unfall - Ausschluss der Leistungspflicht der Unfallversicherung:
Die Versicherungsnehmerin einer Unfallversicherung stürzte im September 2010 mehrere Stufen einer Treppe herab. Bei diesem Unfallereignis erlitt die Klägerin schwere Gesundheitsschäden, unter anderem eine Amnesie (Gedächtnisschwäche). Sie verlangte nun von der Beklagten die Zahlung einer Invaliditätsleistung. Die Versicherung bestritt ihre Leistungspflicht. Unklar war die genaue Unfallursache, sowie ob die von der Klägerin geltend gemachte Amnesie eine kausale Folge des Ereignisses darstellt.
Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht Dresden schloss sich dem an. Die Klägerin nahm die Berufung in Folge des Hinweisbeschlusses des Oberlandesgerichts zurück.
Im Ergebnis bestehe eindeutig kein Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsleistung aus der Unfallversicherung. Entscheidend sei, dass die Gesundheitsschäden der Klägerin gerade nicht Folge einer unfallbedingten organischen Verletzung waren. Die aufgetretene Amnesie war stattdessen Folge einer rein psychischen Reaktion. Ein Sachverständiger hatte organische Ursachen für die Amnesie eindeutig ausschließen können. In den allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen ist die Leistungspflicht der Versicherung jedoch für solche Fälle ausgeschlossen, in denen etwaige Krankheitszustände psychisch vermittelt sind. Dabei ist irrelevant, was genau die psychische Reaktion verursachte.
Diese Ausschlussklausel der allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen hält dem Oberlandesgericht Dresden nach auch der AGB-Kontrolle anhand des § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches stand. Denn es sei für einen durchschnittlichen, verständigen Versicherungsnehmer eindeutig zu erkennen, dass der Unfallversicherungsschutz gerade bei psychisch vermittelten Krankheitszuständen nicht greifen soll.
Der Ausschluss des Versicherungsschutzes bei „psychischen Reaktion“, schließe eben posttraumatische Belastungsstörungen und ähnliche Reaktionen aus. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine „psychische Störung als Reaktion auf den Unfall“, nicht um eine „psychische Störung als Reaktion auf eine durch den Unfall erlittene psychische Erkrankung“. Nur im letzteren Falle wäre ein psychischer Schaden direkt auf das Unfallereignis zurückführbar.
Die Klägerin selbst beruft sich darauf, dass durch den Unfall vermehrt Stresshormone bei ihr auftraten, die dann hirnorganische Veränderungen hervorriefen. Dies unterstreicht dem OLG Dresden nach die Ähnlichkeit zu einer posttraumatischen Belastungsstörung nur noch mehr.
Dem Senat nach greift folglich der Ausschlusstatbestand der allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen. Eine Leistungspflicht der Versicherung bestehe nicht.
Nach: NJOZ 2018, 1884; beck online
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… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht
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